Schon seit mehreren Jahren werden immer mal wieder Stimmen laut, das allgemeine Wahlalter in Deutschland von 18 auf 16 Jahre herabzusetzen. Doch ist das überhaupt so einfach möglich? Welche Argumente gibt es dafür, welche dagegen? Und könnte man das Mindestwahlalter sogar noch weiter herunterschrauben? Wir haben uns das einmal näher angeschaut.
„Wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat“ – so steht es im deutschen Grundgesetz unter Artikel 38 Absatz 1 geschrieben.
Ist ein Wahlrecht ab 16 Jahren also gar nicht praktisch umsetzbar in Deutschland? Doch, denn zum einen hat unsere Regierung grundsätzlich die Möglichkeit, eine entsprechende Gesetzesänderung zu veranlassen – vorausgesetzt, es gibt im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit dafür – zum anderen gibt es in den meisten Bundesländern schon heute Wahlen ab 16. So haben in
inzwischen auch 16- und 17-Jährige die Möglichkeit, bei Kommunalwahlen und teilweise sogar Landtagswahlen teilzunehmen. Für Bundestagswahlen gilt allerdings aktuell bundesweit (noch) ein Mindestwahlalter von 18 Jahren.
Etwa 1,5 Millionen Menschen in der deutschen Bevölkerung sind aktuell 16 oder 17 Jahre alt (Stand 2022). Geht man also davon aus, dass ein Großteil dieser Gruppe wahlberechtigt wäre und gleichzeitig auch von seinem Wahlrecht Gebrauch machen würde, dürfte die Wahlbeteiligung bei den kommenden Wahlen mit großer Wahrscheinlichkeit höher ausfallen – und das sogar mit langfristigem Effekt wie eine Studie der Bertelsmann Stiftung belegt.
In Deutschland leben immer mehr ältere Menschen; die Zahl junger Menschen sinkt stattdessen seit Jahren. Dieses Phänomen, das auch als demografischer Wandel bezeichnet wird, ist einer der Top-Gründe, den Befürworter*innen von Wahlen ab 16 anführen.
Schätzungen des Statistischen Bundesamtes zufolge haben 50- bis 59-Jährige (19,6 %), 60- bis 69-Jährige (16,9 %) sowie Personen über 70 Jahren (21,3 %) im Wahljahr 2021 mit einem Anteil von 57,8 % mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten in Deutschland ausgemacht. Zum Vergleich: Der Anteil der Wahlberechtigten zwischen 18 und 29 Jahren lag im selben Jahr gerade einmal bei insgesamt 14,4 %. Mit der Einführung eines Mindestwahlalters von 16 Jahren könnten die Stimmen junger Bürger*innen demnach mehr Gewicht erhalten.
Politische Entscheidungen betreffen uns alle – ganz unabhängig vom Alter. Viele sprechen sich gerade deshalb dafür aus, Wählen ab 16 bundesweit zu legalisieren. Argumentiert wird dabei auch häufig damit, dass viele gesellschaftliche Themen, wie zum Beispiel der Klimawandel, speziell auch das zukünftige Leben der heute jungen Generation beeinflussen. Daher sollten sie ein gewisses Mitspracherecht im politischen Diskurs haben.
Sind 16- und 17-Jährige bereits reif genug, um eine Wahlentscheidung treffen zu können? Während Kritikerinnen genau diese Frage verneinen, sehen Befürworterinnen des Wahlrechts ab 16 das anders: Jugendliche seien heutzutage vergleichsweise früher reif, interessierten sich mehr für politische Themen als noch vor einigen Jahren und hätten dank der großen Auswahl an leicht zugänglichen Informationsquellen einen viel einfacheren Zugang zur Politik als früher.
Richtig gelesen: Neben der Forderung, das Wahlalter im Allgemeinen auf 16 Jahre herabzusetzen, gibt es ebenfalls Stimmen, die den Bürger*innen Deutschlands schon ab deren Geburt – zumindest theoretisch – das Wählen ermöglichen wollen. Grundlage dafür sei ihnen zufolge der Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, also auch von Kindern und Jugendlichen.
Die Verfechter*innen des Wahlrechts ab Geburt sind sich dabei natürlich bewusst, dass gerade Kinder wohl kaum eigenständig wählen gehen könnten. Stattdessen wird vorgeschlagen, die Eltern stellvertretend für ihre Kinder wählen zu lassen.
Die Chancen, die die Einführung eines allgemeinen Mindestwahlalters von 16 Jahren mit sich bringt, überwiegen unserer Meinung nach deutlich: eine voraussichtlich höhere Wahlbeteiligung mit belegter Langzeitwirkung, eine – zumindest etwas – fairere Verteilung der Stimmmacht und eine stärkere Einbeziehung junger Menschen in politische Entscheidungen.
Entgegen der Meinung vieler Kritiker*innen finden wir außerdem, dass auch 16- und 17-Jährige heutzutage definitiv schon das „Zeug“ zum Wählen haben. Schließlich zeigt das aktuelle Engagement Jugendlicher bei Bewegungen wie Fridays for Future oder in Jugendforen wie dem Jugendforum Magdeburg bestens, dass sich ein gewisses Interesse junger Menschen an politischen und gesellschaftlichen Themen nicht mehr abstreiten lässt. Und: Falls die Wahlentscheidung doch schwer fallen sollte, bietet das Internet willkommene Hilfe, zum Beispiel durch Online-Wahlhilfen wie VOTO.